Wir gehen in unserer friedenspädagogischen Arbeit von einem erweiterten Friedensbegriff aus. Friedliches Zusammenleben bedeutet nicht allein die Abwesenheit von Krieg, Repression oder organisierter Gewalt.
Sondern auch, dass Menschen sich sicher fühlen können. Dass sie nicht aufgrund ihrer Herkunft, ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Orientierung oder Identität, ihres Alters, ihrer sozialen oder religiösen Zugehörigkeit, ihres Körpers oder ihrer Sprache benachteiligt und ausgegrenzt werden. Es setzt voraus, dass auch in der Familie, in unseren sozialen Beziehungen keine physische oder verbale Gewalt ausgeübt wird. Und es bedeutet, dass wir als Gesellschaft respektvoll und sorgsam mit natürlichen Ressourcen umgehen, so dass auch zukünftige Generationen noch in dieser Welt leben können.
Ausgrenzende und gewaltvolle Strukturen erkennen
Strukturelle Gewalt und ihre Spuren in unserem sozialen Miteinander machen sich auch im Kleinen bemerkbar. In unserer Sprache, darin, welche Bilder wir von bestimmten Menschen in unseren Köpfen haben, wie wir über andere sprechen, wie wir mit anderen sprechen, wem wir etwas zutrauen...
Deshalb ist eine wesentliche Grundlage friedenspädagogischer Arbeit, Bewusstseinsprozesse anzustoßen. Es geht darum, ausgrenzende und gewaltvolle Denkweisen, Praxen und Strukturen zu erkennen und zu verändern – in unserer Gesellschaft, im globalen Zusammenhang, vor allem aber auch: in uns selbst. Gewaltvolles Handeln anderer zu erkennen ist nicht so schwer, wenn wir uns erstmal einen kritischen Blick auf die Welt angeeignet haben. Hierarchisierende und abwertende Strukturen in unseren eigenen Vorstellungen und unserem Handeln zu entdecken, kann hingegen ein unbequemer und schmerzhafter Prozess sein.
Ein Bewusstsein für die eigene (Macht-/Ohnmachts-)Position in der Gesellschaft in ihren verschiedenen Dimensionen zu entwickeln und Privilegien, Begrenzungen wie auch Handlungsspielräume zu erkennen, ist jedoch ein wichtiger Schritt, um Verantwortung für die eigene Rolle zu übernehmen, zu einem gleichberechtigten Handeln mit anderen zu kommen und damit Ausschlüssen entgegenzuwirken. Um gewaltvolle Strukturen zu verändern. Für solche Prozesse braucht es Räume, in denen eine Begegnung mit sich selbst und mit anderen Menschen möglich ist.
Im Kleinen handeln, das Große im Blick haben
Wesentlicher Teil von Friedenspädagogik und Konflikttransformation ist für uns deshalb, Raum für Begegnungen und für gemeinsame Lernprozesse im Austausch unterschiedlicher Erfahrungen und Wissensformen zu schaffen – auf lokaler, regionaler und internationaler Ebene. Denn gerade in der Auseinandersetzung mit dem „Anderen" im Sinne Emmanuel Levinas’ („Der Andere ist mein ethischer Meister“), liegt die Chance, das Eigene zu hinterfragen.
Selbsterfahrung und Selbstreflexion sind fundamental, um konstruktiv mit Konflikten umzugehen und diese als Potential für Veränderungen zu nutzen. Die Sensibilisierung für unser eigenes Kommunikationsverhalten, für unsere persönlichen Voraussetzungen und Erfahrungen im Umgang mit Konflikten, für Bedürfnisse, Ängste oder Barrieren stärken unsere Empathiefähigkeit gegenüber anderen. In der Konfliktbearbeitung geht es jedoch auch darum, ungerechte Strukturen zu hinterfragen und gemeinsam Räume des Handelns zu eröffnen, um gewaltvolle Verhältnisse zu verändern, sei es in der Schule, in der Familie, im Stadtviertel, in einer Region, in sozialen Medien. Oft geht es darum, im Kleinen zu handeln, aber das Große im Blick zu haben.
In unseren Workshops und Weiterbildungen zu Friedenspädagogik und Konflikttransformation greifen wir auf verschiedene Methoden und Instrumente zurück, die aus dem Theater der Unterdrückten (Boal), der Biografie- und Erinnerungsarbeit, der diskriminierungssensiblen Bildungsarbeit, der ressourcenorientierten Traumaarbeit, des peacemaking (John Young), der systemischen Konfliktanalyse und der Mediation kommen.